Abstract (german) | Der Sinn des Buches von Frkić: »Das Buch von der himmlischen Substanz nach der Lehre des Anaxagora, des sehr berühmten Philosophen«, Venedig 1646, und die Intention seines sich-Berufens auf das philosophische Danken des Anaxagora kann keinesfalls als Wiederbelebung einer vorsokratischen Philosophie gedeutet werden. Dies wird am Beginn des Buches klar, als sich Frkić, um Anaxagoras Lehre darzulegen und zu deuten, eminent aristotelischer, peripatetischer Terminologie (Form, Materie, Potenz, Akt u.ä) bedient, wie übrigens im ganzen Buch, denn Frkić vertritt ganz ausgesprochen die peripatetische Definition der Natur als Gegenstand der Physik und die peripatetische Deutung der Rolle, des Ortes und Umfangs der Physlk als peripatetischer Wissenschaft von der Natur. Unannehmbar ist für Frkić nur die Lehre des Aristoteles vom Himmel-Äther, der ewigen, runden, immer beweglichen und unveränderlichen fünften Substanz, vährend er sich auf Anaxagora einzig unter Berücksichtung von dessen Lehre beruft, dass der Himmel ein verängliches s Feuer ist.
Es stellt sich aber die Frage, warum und aus welchem Grund sich Frkić, der sonst so getreu die Thesen des Aristoteles verficht und verficht (in einer für ihm typischen Interpretation und im Rahmen der philosophischen Problematik) der Lehre des Aristoteles so scharf widersetzt, dass nämlich der Himmel der Äther ist und warum er schiesslich die These des Anaxagora annimt, dass der Himmel ein Feuer ist.
Der Grund dafür liegt sicher auch darin, dass Frkić über dieses Problem von der christlichen Philosophie her abhandelt. Die aristotelische These, dass der Himmel der ewige Äther ist, wahrend die sublunare Welt aus vier Elementen (Feuer, Luft, Wasser, Erde) aufgebaut ist, welche vergänglich sind und ineinander übergehen, führt eine Einteilung in eine supralunare-unveränderliche und eine sublunare-veränderliche Welt ein. Diese Einteilung stellt eine Zäsur und Differenz zwischen der ewigen und der vergänglichen Welt selbst auf, wahrend die christliche Lehre die Zäsur einzig zwischen Gott als dem ewigen Sein und Schöpfer und der Welt als Ganzheit der Schöpfung, als Veränderlichem und Abhängigem sieht.
Es ist aber nicht unbedeutend, dass die These von der Einheit der Welt (entgegen der peripatetischen Physik) in der Renaissance auch von Kepler vertreten wird, und dass sie gerade die Vorbedingung war (Cassirer) für den neuzeitlichen Begrriff der Natur und dei neuzeitliche Naturwissenschaft. Frkić beruft sich nur nebenbei und mit Vorbehalt auf einige neuere a:stronomische Entdeckungen, die auf die Veränderlichkeit im Himmel verweisen, aber ebensowenig spielt bei ihm die theologische Argumentation eine wichtige Rolle. Deshalb kann mit gutem Grund angenommen werden, dass die These Frkićs vom Himmel-Feuer, d.d. die These von der Einheit der Welt auch ohne »naturwissenschaftliche« Argumentation ebenfalls einen Ausdruck. oder ein Echo eben jener Renaissance-Tendenzen darstellt, die im neuzeitlichen Begriff der Natur und im neuzeitlichen Begriff der Naturwissenschaft gipfeln werden. Bei Frkić ist nun die peripatetische Argumentation massgeblich und die peripatetische Begriff der Naturwissenschaft - der Physik. Die Physik muss die Natur untersuchen, die unmittelbar sinnlich ist, veränderlich ist und kontingent ist und in ihr Formen entdecken und Elemente, die auch selbst unmittelbar sinnlich sind. Mögliche, nicht mehr sinnliche Ursachen können nicht mehr Gegenstand der Physik sein. In diesem Horizont erscheint Frkić die aristotelische These von dem Himmel-Äther, dem unsinnlichen, ewigen und unveränderlichen Element als unbegründete und willkürliche Voraussetzung. Besonders interessant ist, dass Frkić in seinen Kritik der aristotelischen Besimmung des Äthers sich darselben Argumente bedient, die der Peripatetismus gegen Galilei verwendete. Es ist kein verbindlicher und genügender Beweis gegen den Äther, auf dem Himmel Phänomene zu zeigen, die dem aristotelischer Begriff des Äthers widersprechen. Eine weitaus grössere Rolle hart das Argument, dass der Äther, wenn er bestünde, als Unsinnliches nicht Natur und auch nicht Prinzip der Naturwissenschaft sein kann. In dem Kontext versucht Frkić, den Äther als Artefakt oder willkürliche gedankliche Konstruktion zu interpretieren, die in den Gegenstand das projiziert, was sie im Gegenstand erkennen will.
Schliesslich stellt sich die Frage, warum sich Frkić gerade auf Anaxagora beruft, beziehungsweise varum er gerade die These des Anaxagora vertritt, dass der Himmel ein Feuer ist. Am wahrscheinlichten will erscheinen, dass Frkić von der terminologischen übereinstimmung motiviert wurde. Für Anaxagora ist nämlich der Himmel ebenfalls Äther, aber nicht wie bel Aristoteles das ewige und unveränderliche fünfte Element, sondern ein veränderliches, entstandenes und vergängliches Feuer. |